Das große Gefühl Wut
Das große Gefühl Wut

Das große Gefühl Wut

In der zweiten Podcastfolge haben wir begonnen, uns mit den großen Gefühlen zu beschäftigen, die in der Phase der Trennung vorbei kommen können. Sprechen wir also über große Gefühle. Nämlich die Gefühle, die vorbeikommen, wenn wir uns trennen oder getrennt werden. Und das können eine ganze Menge sein. Und sprechen wir darüber, was das mit uns und mit dem anderen macht. Heute schauen wir uns die Wut einmal näher an.

Gefühle kommen vorbei

Als erstes erklären wir kurz, was mit der Formulierung „Vorbeikommen“ in dem Zusammenhang gemeint ist. Das hat mit meinem Bild des Lebens zu tun. Ich bin der Überzeugung, dass wir unseren Gefühlen nicht hilflos ausgeliefert sind, sondern, dass wir unsere Gefühle wählen können und wir unsere Gefühle beeinflussen können. Das hat mir die Beschäftigung mit NLP in den letzten Jahren gebracht. Keine Opferhaltung mehr sondern volle Verantwortung für mich und meine Leben. Ich darf meine Gefühle wählen und ich darf meine Gefühle klar haben und ich kann sie beeinflussen und gegebenenfalls gehen lassen, wenn Sie nicht das sind, was mir dienlich ist. Deshalb ist es für mich so, dass Gefühle vorbeikommen. Sie kommen vorbei, ich schaue sie mir an und ich lasse Sie gegebenenfalls ziehen, wenn Sie nicht gut sind in diesem Moment. Auch du kannst das Gefühl bestimmen, in dem du gerade sein möchtest. Du kannst an deinen Gefühlen modellieren und die Wahl treffen, welches Gefühl gerade jetzt gut ist für dich. Wie das funktioniert, schauen wir uns sicher später noch einmal an. Bei Ivonne heißt das Popcornkino: Jedes Drama fängt im Kopf an. Wir können unsere Gefühle beobachten und selber wahrnehmen, vorbeiziehen lassen, was insbesondere bei den negativen Gefühlen wichtig ist, um einen guten Umgang damit zu finden. 

Ist das Drama real? 

Wenn das Drama aufkommt, kann man sich fragen, wie wirklich ist die Wirklichkeit? Ich kann mich hinsetzen und mir meine Gefühle anschauen. Ein achtsamer Umgang damit verlangt einen hohen Grad an Achtsamkeit. Es ist eine Frage der Übung, wie ich meine Gefühle wahrnehme. Ich darf die Angst verlieren, mich auch mit den nicht so guten Gefühlen anzufreunden. Beim letzten Mal hatten wir uns dies in unserer Folge „Konflikt als Chance“ angeschaut. Dass es wichtig ist, in die Selbstreflexion zu gehen. Und einen achtsamen Umgang mit sich und dem anderen, auch im Konflikt in schwierigen Situationen zu finden. Und dabei auch die Selbstwahrnehmung zu schulen. 

Gefühle spielen immer eine Rolle

Was auch immer klar ist: Gefühle spielen immer eine Rolle in der Trennungs- und Scheidungssituation. Auch wenn ich sage, „Ich nehme die Gefühle an und lasse sie ziehen.“, so sind sie trotzdem da. Es gelingt naturgemäß nicht immer sofort die Gefühle anzuschauen und ziehen zu lassen. Gefühle sind immer vorhanden und beeinflussen unser Handeln. Und manchmal kommen die Gefühle schon vor der Trennung in der Noch-Beziehung. Ein Teil der Trennungs-Gefühle wird bereits in der Beziehung wahrgenommen. Das kann zum Beispiel ein passiv-aggressives Verhalten sein. Das ist für mich Wut und tritt sehr oft in kränkelnden Beziehungen auf. Die Butter bewusst nicht rüberreichen, obwohl der andere die Butter fürs Brötchen schmieren braucht oder ein Wasserglas nicht mitbringen, wenn man sich ein eigenes holt. Die Beispiele sind vielfältig. Dieses Verhalten löst Gefühle aus und man darf bereits in der Partnerschaft hinschauen. Oder auch der Ärger, wenn der Partner bestimmte Dinge vom Einkaufen nicht mitbringt. Wenn man das dann auf sich selber bezieht und fragt, „Warum hast du mir die Leberwurst nicht mitgebracht? Du weißt doch, dass ich die gerne esse.“ Da darf man hinschauen. Was das gerade ist und warum das gerade so ist. Das sind kleine Möglichkeiten, die sich für die Selbstreflexion anbieten, auch bereits lange vor der Trennung. Man bemerkt, dass sich da Frustration aufbaut. 

Der Partner ist nur der Spiegel

Das Leberwurst Beispiel ist deshalb schön, weil es 2 Seiten wiederspiegelt. Zum einen kann es ein passiv-aggressives Verhalten sein. Auf der anderen Seite ist die Annahme, dass der Partner das tut, um mir einen Schaden zuzufügen oder mir eins auszuwischen, sehr interessant. Wir dürfen hinschauen, wenn wir merken, dass ein Gefühl da ist, das durch ein Verhalten des Partners ausgelöst wird. Wo kommt das her? Das Gefühl ist in mir, das heißt, der Partner ist der Spiegel für mich in dem Moment. Der Partner drückt einen Knopf, wissentlich oder unwissentlich, und erzeugt damit in mir einen Gedanken, der zu einem Gefühl führt. Da dürfen wir hinschauen. Was ist das? Was ist das, was uns beim Partner auffällt, und was hat das mit mir zu tun? Vielleicht Bedürfnisse, die nicht erfüllt sind? Der Wunsch nach Anerkennung oder mehr Wertschätzung? Oder geliebt zu werden? Die Möglichkeiten sind vielfältig. Es kann viele Gründe haben und man tut gut daran, auch diese Situation und sich in der Situation wahrzunehmen und zu hinterfragen. Warum dieser Gedanke jetzt kommt? Wo kommt er her? Ist es ein neuer Gedanke oder ein alter? Den ich schon seit Jahren lebe und der sich immer wiederholt. Und der immer wieder das gleiche Gefühl in mir auslöst. Und manchmal, wenn man zurückschaut, ist es tatsächlich so, dass man das Gefühl aus unterschiedlichen Situationen oder Kontexten kennt. Ein tradiertes Gefühl, vielleicht aus der Kindheit. Was hat sich da jetzt manifestiert? Warum ist das so, wie es ist? Wenn man sich das anschaut, kann es ein tiefes Erkennen sein. 

Keine Patent-Lösung

Es klingt im ersten Schritt umständlich und eine schnelle Standard-Lösung gibt es dafür nicht. Wir dürfen die jeweilige Situation anschauen. Selbstreflexion und ein bewusster Umgang mit sich ist wichtig. Um diese Gefühle zu erkennen und einordnen zu können, um Verhalten zu ändern und die Kommunikation anzupassen. Das passiert nicht über Nacht. Wenn ich 50 Jahre lang ein Muster gepflegt habe, dann dauert es eine Weile, bis ich das Muster aufgelöst habe. Du darfst dir Zeit nehmen und dir bewusst werden über die Dinge, die da passieren. 

Und ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir Gefühle zulassen. Auch wenn es tiefe Frustration ist, die bereits vor der Trennung begonnen hat. Und auch wenn wir sie nicht wahrhaben möchten. Das kann eine Form der Verdrängung und Leugnung sein. Es gibt viele Methoden, mit schlechten Gefühlen schlecht umzugehen. Die Gefühle stauen sich dann auf und irgendwann knallt es. Wir dürfen die Gefühle anschauen, an ihnen arbeiten, damit wir sie möglichst gut loslassen können. 

Wir haben im letzten Artikel über Wut gesprochen und wollen hier noch etwas tiefer einsteigen. Wut ist das Gefühl, das am häufigsten in der Trennung vorbei kommt. Es kann eine Wut gegenüber dem Partner sein, wenn es zu Konflikten und einer Verletzung gekommen ist. Dazu haben wir eben schon vom Spiegel gesprochen. Häufig handelt es sich um Wut, die eigentlich in mir ist. Das heißt, ich projeziere ein Gefühl auf den Partner.

Wut wird häufig als negatives Gefühl wahrgenommen. Auf der anderen Seite hat sie aber auch positive Seiten. Wut hilft, sich nicht hilflos zu fühlen. Jemand, der wütend ist, fühlt sich stärker als jemand, der traurig ist. Und Wut ist ein valides Gefühl nach einer Trennung, sowie jedes andere auch. Es wird häufig wahrgenommen und kann als Ventil genutzt werden, wenn es in körperliche Bewegung umgesetzt wird. 

Jedes Gefühl ist okay

Wichtig ist, sich nicht für seine Wut zu verurteilen. Das gleiche gilt auch für alle anderen Gefühle. Es ist wichtig, dass sich das Gefühl nicht manifestiert, und in erster Linie ist es wichtig, das Gefühl wahrzunehmen. Manchmal hilft es, das Gefühl auszusprechen, nicht zu sagen, man ist wütend, sondern da ist Wut in mir. Du schaust dann ggf. etwas losgelöst auf das Gefühl, quasi von außen drauf. 

Wut ist ein Gefühl, das in unserer Gesellschaft akzeptiert ist, während andere Gefühle eher verpönt sind und kaum ausgesprochen werden. Wut ist genehmigt. Deshalb überdenken wir andere Gefühle auch häufig mit Wut. Das heißt, wir denken, es handelt sich um Wut und in Wirklichkeit ist etwas ganz anderes dahinter. Aus NLP-Sicht ist hinter einer Wut immer Angst oder Hilflosigkeit. Welche Angst das genau ist, kann man sich anschauen. Die Auswahl ist vielfältig. Hilflosigkeit ist letztendlich ein Gefühl von Kontrollverlust, von Ohnmacht und davon, sich ausgeliefert zu fühlen. Nicht so schalten und walten zu können, wie man es sich vorgestellt. Das verbirgt sich ganz häufig dahinter. 

Körpersprache

Mit Wut und unterschiedlichen Formen der Aggression verändert sich die Körpersprache. Man bekommt einen anderen Gesichtsausdruck. Man balt die Fäuste. Der Körper geht in die Anspannung. Und drückt Ablehnung aus gegenüber dem Andern. Oder sogar einen Angriff. Gegebenenfalls geht man einen Schritt auf den anderen zu, schaut böse. Und fletscht die Zähne. Auch das kann mit Wut einhergehen. Und das macht was mit dem Gegenüber. Es löst Angst aus. 

Aggression gehört leider zur Selbstbehauptung in unserer Gesellschaft. Dabei ist Gewalt nie ein langfristig erfolgreiches Mittel. Und die Grenze zwischen psychischer und physischer Gewalt ist fließend. Oft ist man sich der Langzeitfolgen nicht bewusst. Wenn ich mich ewig mit jemandem streite, weil ich wütend bin auf den, dann hat das Folgen. Das hat Folgen für die Kommunikation und das macht auch etwas mit mir. Es verändert meinen Charakter, meine Haltung, nicht nur dem Menschen gegenüber, auf den ich wütend bin, sondern auch anderen Menschen gegenüber. Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass das ein schleichender Prozess sein kann, wenn sich Gefühle wie Wut, Aggression manifestieren. Sie werden dann schleichend zu einer Grundhaltung, auch meinem Umfeld gegenüber. Es ist wichtig, die Wut als schleichenden Prozess auch in der Beziehung wahrzunehmen. Es ist wichtig zu hinterfragen, was passiert, wenn man sich in der Beziehung anschreit. Ost ist es dann schon zu spät. Dann ist Porzellan zerschlagen, im wahrsten Sinne des Wortes. Statt Porzellan in die Hand zu nehmen, ist es besser, sein Leben in die Hand zu nehmen. Die physische Gewalt ist nicht wirklich erleichternd, auch wenn es so wirken mag. 

Jede emotionale Reaktion ist normal und in der Trennungssituationen kommt alles vor. Und ich darf dann schauen, wie lange die Situation anhält. Dass wir nach einer einschneidenden Situation ein paar Tage in einer Stimmung sind, kommt sicher häufiger vor? Wenn es über Wochen und Monate anhält, dann schlägt es aufs Temperament und wir haben ein wütendes Temperament. Dann darf man sich hinterfragen, ob es das ist, was man möchte. Wenn es über Jahre läuft, dann wird es irgendwann zur Charaktereigenschaft und das ist sicherlich kein erstrebenswertes Ziel, als wütender Charakter wahrgenommen zu werden. 

Wut ist manchmal der Ausweg

Oft ist Wut die Alternative, wenn man kein anderes geeignetes Instrument der Kommunikation hat. Wir wollen euch hier auf unserer Webseite auch nach und nach alternatives Verhalten dazu anbieten. Wie können wir Kommunikation verändern? Auch das ist ein Entwicklungsprozess. Gefühle anzuschauen ist die Basis für Veränderungen. Bevor wir uns andere Tools anschauen, ist das Bewusstsein wichtig. Deshalb haben wir so früh über dieses Thema im Podcast gesprochen. Wenn wir ein Bewusstsein beim Menschen für die eigenen Gefühle und die des Gegenübers schaffen, dann können wir ganz schnell tolle Ergebnisse in der Veränderung erreichen. Es ist die Grundlagenarbeit für die Lösung von Konflikten. Oft trägt es schon zur Verbesserung der Kommunikation in der Familiensituation bei. 

Es ist wichtig, Gefühle zu benennen. Wut kennt jeder, aber was ist mit „ärgerlich“ oder „grummelig“? Ist es für dich das gleiche oder etwas ganz anderes? Nicht jeder Gefühlszustand ist jedem präsent und es kann hilfreich sein, ein gutes Wort für seinen Gefühlszustand zu finden, damit man das Gefühl selber besser greifen kann. Wenn wir uns Dinge ins Bewusstsein holen wollen, dann hilft ein Wort dabei. Und es ist wertvoll, sich bewusst zu machen, was passiert, wenn man beispielsweise grummelig ist: Da spricht jemand in meinem Kopf und sagt mir, dass er nicht zufrieden ist mit dem Ergebnis, das ich gerade abgeliefert hab. Der innere Kritiker. Auf der Tonspur gibt es was, was dafür sorgt, dass meine Stimmung in eine bestimmte Richtung geht. Das wollen wir uns anschauen. Wenn wir es schaffen, diese Stimmen auszuschalten, wenn wir es schaffen, diese Stimmen leiser zu machen oder drei Oktaven nach oben zu transponieren, so dass die Stimme, die uns schon seit Jahren reinfunkt, zur Micky Maus wird. Die Stimme, die uns gesagt hat „Du kriegst es sowieso nicht hin“, „Du schaffst das nicht.“, „Hab ich doch gleich gesagt, dass es nicht funktioniert.“ Wenn du das machst, dann musst du die Kritikerstimme nicht mehr ernst nehmen. Und brauchst nicht mehr deinen eigenen hohen Ansprüchen, wo auch immer die herkommen, gerecht zu werden. Auch wenn der innere Kritiker manchmal Antreiber sein kann, so ist es meistens eher die negative Stimme im Kopf. Die Stimme des Zweiflers, des Kritikers. Mach dir diesen Kritiker bewusst. 

Hilfreich kann auch der Dialog mit anderen Menschen sein. Insbesondere wenn diese in der gleichen Situation dabei waren, kann ein Austausch über die unterschiedlichen Wahrnehmungen sehr wertvoll sein. Tausche dich mal über die Wahrnehmung einer Situation, mit jemandem der dabei war, aus und versuche gemeinsam die Tatsachen herauszuarbeiten. Dann siehst du, welche Gefühle damit verbunden sind und kannst dich fragen, warum du das so siehst. Dann findest du raus, wie wirklich die Welt wirklich ist und worauf dein Gefühl fußt. Und neben dem inneren Dialog hilft dir vielleicht auch die Arbeit mit einem Tagebuch. Zum Beispiel mit dem 3 Minuten Tagebuch. Du kannst auch die Dinge notieren, die dir nicht klar sind und mit einem Abstand von einer Woche nochmal draufschauen. Nach einer Woche hat dein Unterbewusstsein die Frage verarbeitet und die Antwort ins Bewusstsein geholt. Mit Abstand zum Gefühl wird vieles klarer.

Buchtipps:

Ein Buchtipp zum Thema „Gefühle benennen“ ist das Buch „Der achtsame Weg zum Selbstmitgefühl“ (*) von Christopher Germer.

Zum Üben und zur Bewusstwerdung gibt es noch diese Empfehlung: „Das 6-Minuten-Tagebuch“ (*) von UrBestSelf.

Zum Nachhören findest du hier die Podcast-Folge:

(*) Affiliate-Link

Ein Kommentar

  1. Pingback: Gute Gefühle | Trennungs-Talk

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